
Dieser Artikel wurde während der Entwicklung des Piraten-Lebenssimulationsspiels Corsairs Legacy vom Studio Mauris erstellt, um das maritime Thema im Allgemeinen und Piratenspiele im Besonderen zu popularisieren. Sie können die Projektneuigkeiten auf unserer Website, unserem YouTube-Kanal und unserem Telegram verfolgen.
In diesem Artikel spricht Kirill Nazarenko über die Verteidigung von Seefestungen vor Piraten. Als Untersuchungsmaterial dienten 22 Festungen aus dem Spiel Sea Dogs: To Each His Own.
Hallo! Heute sprechen wir über Festungen in der Karibik und allgemein in den europäischen Kolonien des 16.–18. Jahrhunderts. Es ist klar, dass die Europäer, sobald sie ferne Länder oder Inseln erreichten, sofort Befestigungsanlagen errichteten. Anfangs handelte es sich um hölzerne Blockhäuser, also große Hütten, umgeben von einer Palisade mit Schießscharten. Doch in den Tropen wurden diese Holzbauten bald durch Steingebäude ersetzt, da Holz dort sehr schnell verrottet.

Sea Dogs: To Each His Own. Fort von Cartagena
Unter den hier dargestellten Festungen gibt es mehrere gelungene Beispiele, die ihren historischen Vorbildern recht nahekommen. Besonders gut gefällt mir Cartagena. Es erinnert an jene Forts, die Spanier und Portugiesen im karibischen Raum oder an der westafrikanischen Küste Ende des 15. und im 16. Jahrhundert errichteten.
In erster Linie waren diese Festungen klein, da die Garnisonen oft nur 20–30 Soldaten umfassten, denn Söldner waren teuer. Auch in Europa selbst hatten Festungen in Friedenszeiten sehr kleine Besatzungen, die lediglich das Schloss bewachten und für Ordnung in der Umgebung sorgten. Im Falle einer Belagerung konnten sich Bewohner der Umgebung in die Festung flüchten, bewaffnet werden und für Nebenaufgaben eingesetzt werden. Während der Kämpfe konnte die Festung zusätzlich durch Feldtruppen verstärkt werden.
Wenn die Lage selbst in Europa so war, dann war sie in den Kolonien noch schwieriger. Oft starben Garnisonen an tropischen Krankheiten, es war schwer, einen Soldaten zu überreden, am „Ende der Welt“ zu dienen, und eine allgemeine Wehrpflicht gab es im 16.–17. Jahrhundert noch nicht.
Deshalb wurden Soldaten angeworben und mussten einen Vertrag unterschreiben. Meistens waren dies Adlige kleineren Standes. Einen solchen Menschen in eine Kolonie zu bringen, war schwierig. Daher bestanden frühe Kolonialforts aus kleinen runden oder rechteckigen Türmen, die 20–30 Personen aufnehmen konnten und leicht zu verteidigen waren.
Dennoch galten solche Türme in Europa bereits als veraltet, da die Artillerie seit dem späten 15. Jahrhundert mittelalterliche Burgen schnell zerstörte. Die Mauern wurden daher immer dicker. Vor dem Schießpulverzeitalter waren Mauern etwa 1,5–2 Meter dick; gegen Ende des 15. Jahrhunderts wurden sie auf 5–7 Meter verstärkt. Außen war der Stein oft behauen, innen aber mit unbehauenem Füllmaterial gemischt mit Mörtel verstärkt. So wurden Mauern massiv und boten besseren Schutz gegen Kanonenfeuer.
In den Kolonien war die Situation einfacher, da es dort kaum schwere Artillerie gab und Festungen meist mit kleinkalibrigen Geschützen ausgestattet waren. Häufig handelte es sich lediglich um 25–30 mm schwere Musketen, die man zwar nicht tragen konnte, aber hervorragend von Mauern aus abfeuerte.
Daneben gab es kurzläufige Kanonen schlechter Qualität, die Kartätschen verschossen. Manche Festungen hatten einige wenige Bronzekanonen, aber sie waren selten, denn sie waren sehr teuer. Dazu kamen auf Schiffen des 16. Jahrhunderts kaum großkalibrige Geschütze. Die europäischen Kolonialmächte konnten daher nur selten große Belagerungsgruppen in Übersee einsetzen.

Sea Dogs: To Each His Own. Fort Havanna
Neben dem Fort von Cartagena finde ich auch Fort Havanna recht gelungen. Es ist ein runder Turm. Man sieht, dass hier die Idee umgesetzt wurde, dass zunächst ein runder Turm existierte und später zusätzliche Befestigungen darum entstanden. Tatsächlich entwickelten sich Festungen auf diese Weise: Ein Innenhof entstand, weitere Mauern, Bastionen und Türme kamen hinzu. Wenn hier eine Stadt mit Europäern, Mestizen oder Kreolen wuchs, konnten sie sich im Angriffsfall bewaffnen und die Garnison unterstützen.
Das Einzige, was mir an Fort Havanna nicht gefällt, sind die sehr großen, vertikal gestreckten Schießscharten im hohen Turm. Generell waren Schießscharten klein und eher funktional. Auch wenn sie nach innen breiter wurden, versuchte man immer, sie möglichst klein zu machen.
Prinzipiell wurden solche hohen, schmalen Scharten als Musketenscharten verwendet, aber sie mussten viel schmaler sein und näher am Boden platziert werden, besonders zu Innenhöfen hin, da man von dort am besten schießen konnte.
Der Grund für die vertikale Form war, dass mehrere Soldaten übereinander schießen konnten: — der erste auf Bodenhöhe, — der zweite auf einer Holzplattform, — der dritte noch höher. So erhöhte man die Feuerrate. Für Kanonen hingegen nutzte man quadratische oder runde Schießscharten, nicht solche Höhe.
Trotzdem ist die Darstellung von Fort Havanna insgesamt gelungen und zeigt schön die Entwicklung einer klassischen Kolonialfestung.

Sea Dogs: To Each His Own. Fort San Juan
Fort San Juan ist ein runder Turmtyp, denn auch im 17.–18. Jahrhundert baute man runde Türme, jedoch mit viel größerem Durchmesser — echte kleine Forts. Innen gab es kaum Decken; meist war es ein Innenhof mit angrenzenden Räumen. Die Rundform galt als vorteilhaft:
— Sie reduzierte den zu verteidigenden Umfang. — Die konvexe Form leitete Kanonenkugeln besser ab. — Nachteil war, dass Artilleriefeuer schwer zu konzentrieren war — maximal 2–3 Geschütze konnten gleichzeitig auf ein Ziel feuern.
Runde Türme existierten bis ins 19. Jahrhundert als innere Verteidigungsstrukturen. Die obere kleine Kuppel konnte sowohl dekorativ sein als auch als Beobachtungsposten dienen.

Sea Dogs: To Each His Own. Fort Santo Domingo
Ein weiteres gelungenes Beispiel ist Fort Santo Domingo — ein runder Turm mit umgebenden Mauern. Man kann sich vorstellen, dass erst ein kleiner Turm gebaut wurde, dann Mauern, dann zusätzliche Türme.
Was mir aber nicht gefällt, ist der massive quadratische Turm am rechten Flügel. Er wirkt zu mittelalterlich. Im Schießpulverzeitalter baute man quadratische Türme nur als Toranlagen. Ihr Hauptnachteil: große tote Winkel an den Ecken. Deshalb waren sie im 16.–17. Jahrhundert untypisch.

Sea Dogs: To Each His Own. Fort Antigua
Fort Antigua hat ein klar mittelalterliches Erscheinungsbild mit quadratischen Türmen. Außerdem ist es ziemlich groß.

Sea Dogs: To Each His Own. Fort Baster
Fort Baster wirkt etwas seltsam. Es gibt massive quadratische Türme, aber offensichtlich wollte man hier einen Bastionstyp darstellen — mit Knicken in der Wand und Schießscharten Richtung Meer.
Im 16. Jahrhundert waren europäische Befestigungen bereits vollständig auf das Bastionssystem ausgerichtet. Eine Bastion ist ein fünfeckiger Vorsprung mit:
— 2 Facen (Richtungen zum Feind), — 2 Flanken (Seitenteile), — einer verbindenden Kurtine.
Flanken dienten zur Längsbeschießung der Mauer. Dort konzentrierte man Geschütze, die auch Kreuzfeuerzonen vor dem Nachbarbastion erzeugten. Um einen Bastion einzunehmen, musste man die Flanken von zwei benachbarten Bastionen unterdrücken — ein langer, schwieriger Prozess. Die Hauptaufgabe der Festung ist Zeit zu gewinnen.

Sea Dogs: To Each His Own. Fort Belize
Fort Belize gefällt mir besser als die vorherigen. Es hat einen Rundturm und blütenblattartige Befestigungen, die an Bastionen erinnern.
Was mir jedoch an allen Forts nicht gefällt, ist ihre Position auf einem Hügel. Zwar standen mittelalterliche Burgen meist auf Bergen, aber Seefestungen sollten immer auf Meereshöhe stehen.
Der Grund: Kanonen sind Langwaffen, die flach schießen. Vom Hügel aus muss man ständig nachjustieren, da das Ziel zu schnell aus dem Schussfeld verschwindet. Auf Meereshöhe dagegen bleibt das Ziel viel länger im Wirkungsbereich.
Daher wäre es logisch, solche Hügel-Forts mit Küstenbatterien auf Meereshöhe zu ergänzen.

Sea Dogs: To Each His Own. Fort Bridgetown
Bridgetown liegt niedriger — das ist gut. Das Ziegeldach wirkt ebenfalls gelungen.

Sea Dogs: To Each His Own. Fort Capsterville
Capsterville wirkt mit seinen Strebepfeilern extrem mittelalterlich — hübsch, aber eher Anfang des 16. Jahrhunderts.

Sea Dogs: To Each His Own. Fort Caracas
Caracas erinnert eher an Konstantinopel zur Zeit der türkischen Eroberung — hier hat man es mit der Monumentalität übertrieben. Für eine Stadtmauer wäre das passend, aber für ein Fort wirkt es überdimensioniert.

Sea Dogs: To Each His Own. Fort Saint-Martin
Fort Saint-Martin hat ein weiteres Problem: Die Vegetation wurde nicht gerodet. Vor jeder Festung wurden Bäume immer gefällt, damit sie das Schussfeld nicht verdeckten.

Sea Dogs: To Each His Own. Fort Tortuga
Fort Tortuga ist wohl das schlechteste Beispiel. Die Formen sind nicht schlecht, aber die riesigen Schießscharten ähneln modernen Panoramafenstern — völlig unbrauchbar.
Nun zum Verhältnis von Garnisonen und Geschützen. Ich erwähnte bereits, dass Kolonialforts wenig Artillerie hatten, doch im 18. Jahrhundert änderte sich dies, da große europäische Kontingente über See geschickt wurden.
Im 18. Jahrhundert wurden Kolonialfestungen massiv modernisiert und erhielten neue Artillerie. Mit der Erfindung der Gusseisengeschütze, die 20-mal billiger waren als Bronze, wurden fast alle Kanonen aus Gusseisen. 99 % der Geschütze in Festungen waren gusseisern.
In den Kolonien konnten durchaus Geschütze aus dem 15. Jahrhundert im Einsatz sein — klein, kurzläufig, von geringer Qualität. Die Anzahl der Geschütze (45–204) war normal. Alles, was schwerer war als ein Gewehr, wurde als Artillerie gezählt.
Aber die Garnisonszahlen im Spiel sind völlig übertrieben. Mehr als 2000 Soldaten? In der Realität hatten selbst große koloniale Festungen im 17. Jahrhundert 100–200 Soldaten, plus bewaffnete Stadtbewohner. Eine Garnison von 1000 Mann war extrem selten.
Noch merkwürdiger ist das Verhältnis von Soldaten zu Geschützen:
— Minimum: 8–10 Soldaten pro Kanone (Port Royal, Port-au-Prince) — Maximum: 52 Soldaten pro Kanone (San Juan, Puerto Rico)
Normal wären 3–5 Soldaten pro Kanone, maximal 7–8. 52 ist völlig unrealistisch — dies wäre nur möglich, wenn ganze europäische Regimenter eingeführt worden wären (18. Jahrhundert).
Zusammenfassend lässt sich sagen: Kolonialbefestigungen hinkten europäischen hinterher. Holz-und-Erd-Befestigungen, die in Europa im 18. Jahrhundert üblich waren, wurden in den Kolonien selten eingesetzt. Steinmauern blieben beliebt, da sie gegen Piraten und überfallartige Angriffe völlig ausreichten.
Belagerungen waren selten — meist im 18. Jahrhundert. In den Jahrhunderten davor wurden Festungen durch Überfälle oder Überraschungsangriffe erobert. Breite Steinmauern und schmale Tore waren daher sehr sinnvoll.
Wir hoffen, dass dieser Artikel für Sie nützlich war!
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