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In diesem Artikel spricht Kirill Nazarenko über das Buch „Die Schatzinsel“ von Robert Louis Stevenson, eines der berühmtesten Werke über Piraten. Dieser Artikel ist allen Fans von Sea Dogs, Assassin’s Creed IV: Black Flag, Pirates of the Caribbean und Black Sails gewidmet.
Hallo! Die heutige Präsentation ist dem Roman „Die Schatzinsel“ von Robert Louis Stevenson gewidmet – genauer gesagt der Fiktion und Realität auf seinen Seiten.
Robert Louis Stevenson lebte ein kurzes Leben und starb nach heutigen Maßstäben jung – mit 44 Jahren an Tuberkulose. Dennoch schaffte er es, in seinem Leben eine große Anzahl von Werken zu schreiben.

Schatzinsel — Fiktion oder Realität? Kirill Nazarenko. Robert Louis Stevenson, Autor von „Die Schatzinsel“
Seine literarische Karriere begann Ende der 1870er-Jahre mit zwei Erzählungen, die ihm sofort Ruhm einbrachten – „Der Selbstmörderklub“ und „Der Diamant des Radschahs“. Diese Dilogie kennen wir heute besser durch die Verfilmung „Die Abenteuer des Prinzen Florizel“.
Zwei Jahre später veröffentlichte er „Das Haus auf den Dünen“, und 1881 erschien erstmals im Magazin „Die Schatzinsel“. Anfangs fand das Werk allerdings nur wenig Anklang. Erst einige Jahre später, als die Buchausgabe erschien, gewann der Roman an Popularität – auch dank der Illustrationen.
Es folgten „Der schwarze Pfeil“ (1884), danach „Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde“, „Der Herr von Ballantrae“ und Stevensons letzter vollendeter Roman „Die Schiffbrüchigen“.
Natürlich ist „Die Schatzinsel“ Stevensons berühmtestes Werk, und bereits zwei Jahre nach seiner Veröffentlichung in Großbritannien wurde es in die russische Sprache und viele weitere Sprachen der Welt übersetzt. Mit dem Beginn des Kinos folgten zahlreiche Adaptionen – 2 Stummfilme, 6 Tonfilme auf Englisch, 4 Fernsehfilme, 13 TV-Serien sowie viele internationale Verfilmungen, Theaterstücke, Hörspiele und Comics.
Die erste russische Verfilmung von „Die Schatzinsel“ entstand 1937 unter Regisseur W. Weinstock. John Silver wurde hier von Ossip Abdulow gespielt. Dramaturgisch ist die Rolle Silvers die stärkste in fast allen Verfilmungen. Danach folgten zwei weitere Filme – 1971 (Regie: J. Fridman) und 1982 (Regie: W. Woronojow), mit Boris Andrejew bzw. Oleg Borisow als Long John Silver.
Am bekanntesten ist jedoch der Zeichentrickfilm von David Tscherkasski aus dem Studio Kyjivnauchfilm, in dem Armen Dschigarchanjan Silver seine Stimme lieh. Der Film ist in einem ungewöhnlichen Stil gehalten, der Animation und Spielszenen mischt – letztere sind als „alter Film“ stilisiert.
Die Verfilmungen von 1971 und 1982 halten sich eng an das Original, während die Version von 1937 deutlich davon abweicht: Im Film handelt die Protagonistin nicht Jim Hawkins, sondern das Mädchen Jenny, das sich als Junge verkleidet.
Die Quelle für Stevensons Roman war eines der wichtigsten Werke über die Piraterie des 17.–18. Jahrhunderts – „A General History of the Robberies and Murders of the Most Notorious Pirates“ von Charles Johnson. Lange Zeit glaubte man, dass Daniel Defoe der wahre Autor sei, doch moderne Forscher gehen eher von einem realen Autor namens Johnson aus.

Schatzinsel — Fiktion oder Realität? Kirill Nazarenko. Daniel Defoe
Je mehr historische Dokumente über die im Buch genannten Piraten man findet, desto stärker bestätigt sich, dass Johnsons Werk erstaunlich genaue Informationen enthält. Wahrscheinlich stellte es eine Zusammenfassung der Gerüchte und Berichte dar, die im Karibikraum über Piratenfiguren kursierten.
Der politische Hintergrund dieser Epoche war vor allem der Spanische Erbfolgekrieg.
Heutzutage wird dieser Konflikt manchmal als „Nullter Weltkrieg“ bezeichnet, ebenso wie die Napoleonischen Kriege und der Siebenjährige Krieg, die weite Teile Europas und der Welt erfassten.
Im Spanischen Erbfolgekrieg stand eine mächtige Koalition aus Großbritannien, Österreich, den Niederlanden und weiteren Staaten gegen Frankreich. Grund war die Thronfolge Spaniens, da der kinderlose Karl II. seinen Verwandten – gleichzeitig Enkel des französischen Königs Ludwig XIV. – zum Erben bestimmte. Eine Vereinigung Spaniens und Frankreichs hätte eine dominierende Macht entstehen lassen.
Der Krieg war extrem teuer; Großbritannien und Frankreich verließen ihn mit Schulden in Höhe des 5–7-fachen ihres Jahresbudgets. Trotz eines formellen Sieges konnten die Franzosen ihre Ziele nicht vollständig erreichen.
In England ist dieser Konflikt als „Queen Anne’s War“ bekannt.
Natürlich wurde der Krieg auch von Kaperfahrern begleitet. Staaten rekrutierten private Seeleute, die mit königlichen Kaperbriefen feindliche Schiffe angreifen durften. Nach Kriegsende wurden viele arbeitslose Kaperfahrer zu Piraten. Fast alle berühmten Piraten Johnsons handelten in den 1710er–1720er Jahren.

Schatzinsel — Fiktion oder Realität? Kirill Nazarenko. Charles Johnson „A General History…“
Zudem war die innenpolitische Lage Englands angespannt. 1688 wurde der katholische König Jakob II. gestürzt, was große Konflikte zwischen Katholiken und Protestanten nach sich zog. Später führten Jakob II.s Anhänger mehrere erfolglose Versuche zur Rückkehr auf den Thron durch, darunter den berühmten Jakobitenaufstand von 1745.
Der „Duft von Schätzen“ lag über Europa. Berichte über versunkene oder geplünderte Reichtümer beflügelten Abenteurer. So wurde 1702 in der Vigo-Bucht ein spanischer Schatzkonvoi versenkt. Später stellte sich heraus, dass der Großteil der Werte bereits an Land gebracht worden war.
1715 sank eine Flotte aus 11 spanischen Silbertransporten vor Florida. Die Spanier bargen einen Großteil, doch der Pirat Henry Jennings erbeutete etwa 87.000 Pfund Sterling – für Piraten ein gigantischer Betrag. Jennings gründete später sogar die Piratenrepublik auf den Bahamas.

Schatzinsel — Fiktion oder Realität? Kirill Nazarenko. Cartoon „Treasure Island“
Laut Roman vergrub der Pirat Flint 700.000 Pfund Sterling – achtmal so viel wie Jennings’ Beute. Historisch wäre eine solche Summe für einen Piraten extrem unwahrscheinlich.
Mehrere historische Piraten werden im Roman erwähnt, darunter Edward Teach (Blackbeard) und William Kidd. Teach ist für seinen furchterregenden Auftritt bekannt: brennende Lunten im Bart und Dutzende Pistolen. Kidd hingegen gilt heute als einer der unschuldigsten Piraten – ein Kaperfahrer, der in politische Intrigen geriet.
Bartholomew Roberts und Edward England werden ebenfalls erwähnt. Sie kommandierten angeblich jene Crews, in denen Silver diente. Das deutet darauf hin, dass der Roman in den 1730er Jahren spielen könnte.
Nach 1722 verschwand die Piraterie rapide; das Karibische Meer wurde gesäubert, und neue große Piratenfiguren tauchten kaum mehr auf.

Schatzinsel — Fiktion oder Realität? Kirill Nazarenko. Verfilmung von 1982
Piraten gab es weltweit – jedoch bevorzugt dort, wo große Handelsrouten nahe an geschützten Küsten vorbeiführten. Auch heute gibt es Regionen mit aktiver Piraterie, etwa vor Somalia oder in der Straße von Singapur.
Eine wichtige Figur im Roman ist Admiral Benbow, der im Spanischen Erbfolgekrieg berühmt wurde. Bei einer Schlacht verlor er sein Bein und starb später an seinen Wunden. Ihm zu Ehren wurde ein Pub benannt.
Edward Hawke, auf den Silver sich beruft, wurde durch den Sieg in der Schlacht von Quiberon (1759) berühmt. Viele Seeleute prahlten damit, unter seinem Kommando gedient zu haben – vielleicht spielt Stevenson mit dieser Tatsache.
Doch hier entsteht ein Anachronismus: Dr. Livesey behauptet, unter dem Duke of Cumberland bei Fontenoy gedient zu haben. Doch im 18. Jahrhundert war der Status von Ärzten niedrig, und ein Arzt hätte kaum einen Offiziersrang kaufen können.

Dr. Livesey im Cartoon „Treasure Island“
Was die Kleidung betrifft: Seeleute trugen kurze Jacken, mehrere übereinander, sowie lange Hosen. Kapitäne trugen aufwendige Gewänder, aber nicht so farbenprächtig, wie oft angenommen wird. Teure Stickereien waren üblich, aber die Farben eher gedämpft.
Perücken waren ein Hygienemittel – der Kopf wurde rasiert, die Perücke ersetzte die Haarpflege.
Long John Silvers Holzbein war wahrscheinlich ein gut polierter, aber einfacher Holzschaft. Ein oft zitierter Fehler der russischen Übersetzung ist das „goldene Spitzenband“ an Silvers Hut – korrekt wäre der goldene Galon, ein Randbesatz für Unteroffiziere.
Die Hispaniola war eindeutig eine Schonung – mit Schratsegeln unten und Rahsegeln oben. Eine Mischung aus Schoner und Bark. Diese Schiffe waren wirtschaftlich, seetüchtig und ideal für den Atlantik. Meist führten sie nur ein Boot mit – Stevensons drei Boote sind historisch unwahrscheinlich, aber dramaturgisch notwendig.
Die Route führte von Bristol über die Azoren in Richtung der Großen Antillen – logisch, da Flint seine Schätze höchstwahrscheinlich dort vergrub. Am Ende gelangen die Helden schnell in einen spanischen Hafen – wohl nach Kuba.

„Über die Planke gehen“ – eine Piratenstrafe
Das berühmte „Über-die-Planke-Gehen“ ist historisch fraglich; einfacher wäre es gewesen, jemanden über Bord zu werfen. Wahrscheinlich handelt es sich um eine literarische Übernahme aus der Antike.
Eine weitere Erfindung ist die 9-Pfünder-Kupferkanone auf der Hispaniola – solche Geschütze kamen erst in den 1870er-Jahren auf. Ein kleiner Schoner hätte im 18. Jahrhundert 3- oder 4-Pfünder getragen. Doch für Stevensons dramatische Szene war die große Kanone notwendig.
Das Blockhaus auf der Insel ist ebenfalls fraglich – ein solches Bauwerk wäre für Piraten schwer zu errichten und kaum nützlich gewesen. Die große Palisade wäre eine gewaltige Arbeitslast gewesen. Aber literarisch ermöglicht sie die belagerte Stellung der Helden.

Der Coracle – Bens selbstgebautes Boot
Ben Gunns Boot ist ein Coracle – ein irisches Einbaumboot aus Flechtwerk. Es ist unpraktisch, aber leicht und einfach zu bauen – Stevenson beschreibt seine Führung durch Jim Hawkins detailgetreu.
Kommen wir nun zur Beute des Schatzes – 700.000 Pfund Sterling. Das ist eine unglaubliche Summe: 3,3 Millionen Rubel, also das Jahresbudget des Russischen Imperiums im frühen 18. Jahrhundert. Für Großbritannien oder Frankreich entspricht das etwa einem Siebtel des Jahresbudgets.
Piraten teilten die Beute demokratisch: Der Kapitän erhielt 3–5 Anteile, die Offiziere etwas mehr, die Matrosen jeweils einen Anteil. Ein Schiffsjunge wie Jim Hawkins hätte einen halben Anteil erhalten. Ein Schiffsarzt – wie Dr. Livesey – wäre im 18. Jahrhundert rangniedrig gewesen und hätte wenig erhalten. Squire Trelawney dagegen – als Schiffseigner – wäre wie ein Admiral behandelt worden.
Zum Abschluss noch einige Literaturempfehlungen: Wissenschaftlich sind die Werke von Kopelew besonders wertvoll. Populärwissenschaftliche Autoren wie Moscheiko, Machowski, Balandin und Hanke sind ebenfalls lesenswert.
Stevensons „Schatzinsel“ bleibt jedoch ein Kunstwerk – kein historisches Lehrbuch. Doch seine Mischung aus historischen Figuren, Abenteuern und Romantik macht es zum weltweit bedeutendsten Piratenroman.
Wir hoffen, dass Ihnen dieser Artikel gefallen hat!
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